Tenuta di Sesta


Wir lernten die sympathische Francesca Ciacci im März 2023 beim grossen Weinanlass von Robert Parker in Zürich kennen. Wir waren ab ihren Weinen dermassen begeistert, dass wir an Ort und Stelle unsere Kaufabsichten bekundeten.

Lächelnd meinte sie, dass sie für dieses Jahr keinen Wein mehr zum Verkauf hätte, sie es aber schätzen würde, wenn wir, bei Interesse, uns im März 2024 bei ihr melden würden. Es gibt so Weine, die gehen einem nicht mehr aus dem Kopf und der März 2024 kam schneller als gedacht.

 

Die Tenuta di Sesta liegt an einem langgezogenen Südhang im südlichen Teil von Montalcino, in der Nähe der Ortschaften St.Angelo in Colle und Castelnuovo dell’Abate.

 

Beim Besuch auf dem Weingut im Mai lernten wir die gepflegten Weinberge und das eindrückliche Weingut mitsamt der «Umgebung» der Familie Cacci kennen. Die Tenuta die Sesta umfasst ganze 200 ha, von denen 30 ha mit Reben bestockt sind, 45 ha mit Olivenhainen, 55 ha sind für den Anbau von Getreide reserviert und die restlichen 60 ha sind Wald und Wiesen.

Von den 30 ha Rebland sind 13 ha für die Produktion von Brunello di Montalcino DOCG, 7,5 ha für Rosso di Montalcino und 9,5 ha für San Antimo DOC registriert.

 

In der „Carta Aretina“ von 714 wird die «Pieve di Sesta» zu der Pfarrei der Diözese Chiusi gezählt. In den folgenden Jahrhunderten war sie Gegenstand von Streitigkeiten zwischen den Bischöfen von Siena und Arezzo. Es ist nicht bekannt, wie lange diese Pfarrei bestand, aber wahrscheinlich endete sie kurz nach der Gründung der Abtei Sant'Antimo.

Ende des VIII. Jahrhunderts im nahen gelegenen Starcia-Tal und ihrer anschliessenden schnellen Expansion. Mit Sicherheit wurden alle Ländereien des Sesta-Anwesens Teil des Besitzes der Abtei.

Das Landgut Sesta entstand nach der Ausdehnung der Republik Siena und dem Niedergang und der anschliessenden Aufhebung der Abtei Sant'Antimo im Jahr 1462 durch Papst Pius II (Enea Silvio Piccolomini aus Siena). In der Zeit der sienesischen Expansion kam Sesta in den Besitz der Adelsfamilie Tolomei, die eine Kapelle zu Ehren der Heiligen Katharina von Siena errichtete.

Im Jahr 1850 wurden zwei Brüder aus Castelnuovo dell'Abate, Felice und Giovanni Ciacci, Besitzer des Anwesens.

Im Jahr 1966 wurden die ersten Flaschen Brunello vom Weingut Tenuta di Sesta von Giuseppe Ciacci, dem Vater des heutigen Eigentümers Giovanni Ciacci, produziert. Damals gab es nur zwölf Abfüller im ganzen Brunello Gebiet, weshalb das Weingut Tenuta di Sesta als eines der historischen Weingüter im Gebiet von Montalcino anerkannt ist.

Der heute rüstige 84-jährige Giovanni Ciacci, hat die Leitung der Tenuta di Sesta seit geraumer Zeit seinen beiden Nachkommen Francesca und Andrea übergeben. Für die Familie Ciacci ist der traditionelle Ausbau der Weine in grossen Eichenfässern und die umsichtige Bewirtschaftung der Weinberge unter Berücksichtigung der klimatischen Veränderungen die beste Strategie, um Weine zu erhalten, die das Gebiet von Montalcino am besten zum Ausdruck bringen, charakteristisch und repräsentativ.

 

Dem Wein lässt man hier die Zeit, die er braucht, ausgebaut wird nur in grossen Fässern aus slawonischer Eiche und dank des umsichtigen Erbauens des Gutbetriebes vor hunderten von Jahren gelangt der Wein vom Gärkeller zum Fasskeller und final zur Flaschenfüllung ausschliesslich mittels der Gravitation. Francesca und ihr Bruder Andrea sind zusammen mit ihrem Freund, dem önologischen Berater, Lorenzo Landi, für die Güte der Tenuta di Sesta Weine verantwortlich.

 

Francesca hatte in einem mit viel Liebe umgebauten Teil des ehemaligen Ökonomie-Gebäudes eine umfassende Degustation hergerichtet. Wir nahmen Platz und der erste Wein wurde eingeschenkt.

Mit Bedacht degustierten wir und lauschten mit gespitzten Ohren den Ausführungen von Francesca. «Das Ernten und das Keltern sei jeweils der arbeitsintensive Anfang, das Ausbauen der verschiedenen Brunellis jeweils ein Geduldsspiel, wo Fingerspitzengefühl und Intuition gefragt wären.

Die Trauben für den Riserva und den Costa de Monte sowie die wenigen Colorino Trauben für den Caponovo werden separat gekeltert und auch gesondert ausgebaut. Der ganze Rest des Traubengutes schlägt aber zunächst den Weg als Brunello ein.

Nach gut einem Jahr gibt es die erste Zäsur. Welche Fässer gehen ihren Weg weiter zum Brunello weiter und welche gelangen in die zwei Basisweine Caponovo und Poggio D’Arna?

Nach weiteren 8 Monaten erfolgt ein weiterer Schnitt, diesmal wird mit den Fässern, die für nicht Brunello würdig erachtet werden, der Rosso di Montalcino abgefüllt.»

Die ersten zwei Weine begeisterten uns, Camponovo als einen kräftigen und eleganten Altagswein und der Rosso ein sehr aussagekräftiger mini Brunello.

Die Fässer, die auch diese Qualifikation überstehen, werden nochmals 2 Jahre lang in den grossen Fässern gelagert und wenn das «Consorzio del vino Brunello di Montalcino» ihren Segen dazu gibt, schliesslich als Brunello di Montalcino DOCG abgefüllt. Im vierten Jahr nach dem Erntejahr gelangt jeweils der jüngste Brunello-Jahrgang auf den Markt.

 

Die drei verschiedenen Brunellis , die Francesca am Morgen dekantiert hatte und kurz vor unserem Eintreffen wiederum in die jeweiligen Flaschen zurück gegossen hatte, wurden intensiv und in aller Ruhe degustiert. Bei uns kam grosse Freude auf, erachteten wir doch die hier gereichten Weine sicherlich ebenbürtig, wenn nicht sogar noch besser als die, die wir vor über einem Jahr in Zürich beim Parker Anlass kennenlernen durften.

 

Francesca entschwand und kehrte mit Käse, Salamis und Brot zurück. Dazu ihr geniales, kalt gepresstes Olivenöl aus eigener Produktion. Sie forderte uns auf, bei Gefallen der Weine uns doch bitte individuell nachzuschenken. Auch sie schenkte sich etwas Wein ein uns setzte sich zu uns. Draussen schüttete es in Strömen und wir genossen es, zusammen mit Francesca und ihren grossartigen Weinen am Tisch zu sitzen. Ein Gefühl von wohliger Behaglichkeit umgarnte uns und der Gedanke an den Aufbruch wurde vorerst professionell verdrängt. Schliesslich luden wir ein paar Kisten der Tenuta di Sesta Weine in unser Auto und fuhren im strömenden Regen glücklich und zufrieden die 645 km zurück nach Praden.